LfD Niedersachsen verhängt Bußgeld über 10,4 Millionen Euro

Wegen unrechtmäßiger Überwachung von Mitarbeitern und Kunden erließ der LfD Niedersachen einen Bußgeldbescheid gegen den Onlinehändler notebooksbilliger.de. Das Unternehmen ist in Widerspruch gegangen.

Nachdem im Rahmen eines Kontrollverfahrens der Landesdatenschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen (LfD) seit 2017 Verstöße gegen Art. 5 und 6 DSGVO wegen unrechtmäßiger Überwachung von Mitarbeitern und Kunden aufgedeckt wurden, erließ die Behörde am 21.12.2020 einen Bußgeldbescheid gegen den Onlinehändler notebooksbilliger.de AG (NBB). Die Strafe beläuft sich auf 10.4 Millionen Euro. 

Rechtswidrige Videoüberwachung birgt erhebliches rechtliches Risiko

NBB überwachte unter anderem Arbeitsplätze, Lager, Aufenthaltsräume von Mitarbeitern sowie Sitzgelegenheiten in Verkaufsräumen über mindestens zwei Jahre hinweg. Die NBB berief sich auf eine Notwendigkeit der Videoüberwachung zur Verfolgung des Warenflusses, um notfalls bei Beschädigung oder Verschwinden von Waren über Videoaufzeichnungen Hinweise finden zu können. Letztlich argumentierte das Unternehmen also mit einem Generalverdacht.

Die LfD Niedersachsen geht davon aus, dass diese Maßnahmen zu weitgehend sind und deshalb einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Kunden und Mitarbeiter darstellen. Sie verwies insbesondere auf die fehlende vorherige Prüfung milderer Mittel, wie der stichprobenartigen Taschenkontrolle. Eine Überwachung zur Tatenverhinderung und -verfolgung sei außerdem nur bei einem existierenden begründeten Verdacht gegen bestimmte Personen über einen bestimmten Zeitraum rechtmäßig. Die Speicherung der Aufnahmen sei mit 60 Tagen länger als erforderlich für eine rechtmäßige Speicherung.

Verstoß gegen die DSGVO

Die nicht begrenzte und generell angelegte Videoüberwachung ohne Spezifizierung auf verdächtige Personen, in Verbindung mit der nicht erforderlich langen Speicherung der Aufnahmen, verstößt gegen Art. 5 und 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Insbesondere durch die Nichterwägung milderer Mittel zeichnet sich ein Missverhältnis des berechtigten Interesses der NBB und der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ab.

Das hohe Bußgeld

Die Höhe des Bußgeldes orientiert sich am Jahresumsatz, welcher 2019 ca. 870 Mio. Euro betrug. Laut DSGVO kann eine Strafe in Höhe von bis zu 4% dieses Betrages verhangen werden. Hier liegt sie bei ca. 1,2%.

Art. 83 DSGVO enthält einen Kriterienkatalog für die Berechnung von Bußgeldern. Unter anderem sind Art, Schwere und Dauer des Verstoßes entscheidend oder ob dieser vorsätzlich oder fahrlässig geschehen ist. Die Überwachung soll mindestens zwei Jahre bestanden haben.

Vorsätzlichkeit verneint NBB. Die Videoüberwachung habe der Nachverfolgung des Warenflusses gedient und nicht der Überprüfung und Beobachtung von Mitarbeitern und Kunden. Außerdem habe man bestmöglich kooperiert sowie Beauftragte eingeladen, vor Ort Untersuchungen vorzunehmen. Eine Kooperation während des Kontrollverfahrens spräche gegen Vorsatz und für ein milderes Bußgeld.

Fazit

Videoüberwachungssysteme können für Unternehmen ein großes Risiko darstellen. Es ist dringend erforderlich, sich vorher genau zu überlegen, zu welchen Zwecken Kameras angeschafft werden sollen, wie man diese ausrichtet und wie man das System im Hinblick auf die Speicherdauer einrichtet. In jedem Fall sollten Sie Aufbau und Funktion der Videoüberwachung in ihrem Datenschutzkonzept dokumentieren und auch eine Datenschutzfolgeabschätzung wird dringend empfohlen.

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Ihre Datenschutzbeauftragten

 

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